genus Acanthostachys Klotzsch
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- On the basis of examinations of Acanthostachys strobilacea, (SCHULTES f.) KLOTZSCH and the relationship with Aechmea pitcairnioides MEZ in the genus the genus description must be amended and amplified
The Acanthostachys-complex must be:
1. Leaf-sheaths small; blades underneath lepidote; Scape very long, with two unequally long, subfoliate scape bracts below the inflorescence; Flowers yellow; Petals erect ..............
A. strobilacea
1a - leaf-sheaths large; blades underneath glabrous; Scape short; Inflorescence therefore nestling; scape bracts a little conspicuous; flowers blue, with white eye; Petals flattened to rolled back A. pitcairnioides —See Rauh & Barthlott 1982
- Zur Kenntnis der Gattung Acanthostachys KLOTZSCH mit Beschreibung einer zweiten okologisch bemerkenswerten Art by Rauh & Barthlott in Trop. Subtrop. Plant. 39:5-34. 1982
Auf seiner im Herbst 1981 durchgefuhrten Reise in die Trockengebiete von Brasilien, besuchte RAUH in Domingos Martins (Estado Esperito Santo) auch Roberto KAUTSKY, der durch seine zahlreichen Orchideen- und Bromelienneufunde in den letzten Jahren bekannt geworden ist. Mehrere Bromelien und Orchideen sind nach ihm benannt worden. Auf einem umgesturzten Baum seines "Gartens", einem mehrere ha groBen, halbnaturlichen Wald, der sich an den Flanken eines etwa 1,000 m hohen Berges emporzieht und eine Vielfalt einheimischer Pflanzen beherbergt, entdeckte R. KAUTSKY unlangst eine merkwurdige Bromelie mit auffallend schmalen, binsenahnlichen, kahlen, oberseits schmal-rinnigen, glanzenden, am Rande derb bestachelten Blattern und fast sitzenden, tief in die Blattrosette eingesenkten Bliitenstanden (s. Abb. 2; Abb. 4). RAUH nahm ein Stuck dieser Pflanze mit einer jungen Infloreszenz und einem Fruchtstand mit, und im Botanischen Garten der Universitat Heidelberg entfaltete erstere ihre leuchtend blauen Bluten, die zunachst stark an die einer Neoregelia erinnerten. Wir glaubten, eine neue, bisher unbeschriebene Bromelie entdeckt zu haben, die habituell - von den nistenden Blutenstanden mit den blauen Bluten abgesehen - der altbekannten Acanthostachys strobilacea nahestehen wurde. Der Bromelienspezialist Dr. L. B. SMITH vom Smithsonian Institution, Washington, mit dem uns seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit verbindet, machte uns jedoch darauf aufmerksam, dag unsere Pflanze bereits von MEZ (in DC. Monogr. Phaner. IX, 258, 1896) als Aechmea pitcairnioides MEZ beschrieben worden ist. Sie wurde von dem Sammler BLANCHET im Staate Bahia entdeckt und scheint seither nicht wieder gefunden worden zu sein, denn L. B. SMITH schreibt in seiner Bromelienmonographie (1979, S. 1908) "Known from the type collection only". Das Typusexemplar (Blanchet, s. Nr.) befindet sich im Herbarium des "Conservatoire et Jardin Botanique", Genf.
Der Vergleich desselben (Abb. 2, links) mit unserer Pflanze bestatigte die Identitat mit der in Domingos Martins gesammelten Pflanze. Allerdings scheint es sich beim Typus um ein ausgesprochen schwaches Exemplar zu handeln (Abb. 2, links), denn unsere Pflanzen sind wesentlich kraftiger. Auch zeigt das Typus-Exemplar keine voll entwickelten Bluten, so dag deshalb in der Diagnose weder Angaben uber die Form der Bluten noch die Farbe der Petalen gemacht werden.
Da nun unsere Pflanze, deren Entwicklung wir inzwischen von der Keimung bis zur Frucht- und Samenbildung luckenlos studieren konnten, sich von allen bekannten Aechmeen in wesentlichen Merkmalen unterscheidet, jedoch sehr starke und bemerkenswerte Affinitaten zu Acanthostachys strobilacea (SCHULTES. f.) KLOTZSCH, der einzigen Art der bislang monotypischen Gattung, aufweist, haben wir uns entschlossen, nach ausgiebiger Diskussion mit L. B. SMITH, Aechmea pitcairnioides aus der Gattung Aechmea herauszunehmen und these als zweite Art der Gattung Acanthostachys zuzuordnen. Die Grunde fur die Umkombination werden ausfuhrlich auf S. 19ff. diskutiert. Die Gattung Aechmea ist nach L. B. SMITH ohnehin eine Gattung mit sehr heterogenen Arten und bedarf einer dringenden Revision. L. B. SMITH (1979, S. 1768) schreibt selbst: "Aechmea includes some very discordant elements and is very likely of polyphyletic origin. Further research is likely to divide it with some parts becoming independent genera and others merging with genera at present considered distinct."
Bevor wir indessen unsere Umkombination begrunden, sei noch zuvor kurz auf die allbekannte, kaum einer Bromeliensammlung fehlende Acanthostachys strobilacea eingegangen. Sie wurde bereits 1830 von SCHULTES f. als Hohenbergia strobilacea beschrieben, dann aber von KLOTZSCH (1841) in die eigene Gattung Acanthostachys gestellt, die bis heute monotypisch geblieben ist. Auger Betracht konnen bleiben Acanthostachys ananassoides BAKER (in Handb. Bromel., 1889), die von L. B. SMITH (Bot. Mus. Leafl. Harvard 1939) zur Gattung Ananas umkombiniert wurde, sowie Acanthostachys exilis BERTONI (in An. Cient. Parag., 1919), die als Synonym zu Acanthostachys strobilacea anzusehen ist. Wir bringen nachfolgend die schwer zugangliche Originaldiagnose von Acanthostachys strobilacea KLOTZSCH (1841, S. 22-23): "Stamm walzenformig, an der Basis verdickt, von 2-3 Zoll Lange, durch die an der Basis sich scheidenartig dicht umschlieBenden Blatter gebildet. Blatter dick, fleischig-lederartig, linienformig, lang-zugespitzt, stechend, auswarts gebogen, unterhalb convex, leicht gestreift, mit sehr kleinen weiBen kleiartigen Schorfen bekleidet, oberhalb ausgehohlt, glatt, dunkelgrun, glanzend, am Rande, unterwarts mit gerade abstehenden, oberwarts mit hakenformigen Stacheln besetzt; die untersten 5 Blatter die kurzesten, 1-3 Zoll lang, lanzettformig; die 4-5 oberen 7 Zoll bis 2 FuB lang. Der Schaft walzenformig, von der Dicke einer Rabenfeder, ist einen FuBlang, leicht gestreift und, wie alle ubrigen Theile der Pflanze, die obere Flache der Blatter und der Bracteen und die inneren Bluthenhulltheile ausgenommen, mit sehr kleinen, weiBen, am Rande gefranzten Schorfen dicht bekleidet. Ahre zapfenformig, 1,5-2 Zoll lang, an der Basis von mehreren blattartigen Scheiden umschlossen, deren beide untersten, 8-18 Zoll lang, mit den ubrigen Blattern ubereinstimmen und herunterhangen. Die Bracteen sind einbluthig, steif-lederartig, eiformigzugespitzt, sparrig-zuruckgebogen, auBerlich convex, inwendig ausgehohlt, am Rande stachlichgezahnt, 8 Linien lang, feuerroth. Die Bluthen sitzend, oberstandig, bleibend, von der Lange der Bracteen; auBere 3 Bluthenhulltheile spelzartig, stachelspitzig, etwas kurzer als die inneren, reingelb, fast pergamentartig, die beiden seitlichen zusammengelegt, auf dem Rucken gekielt und kleiartig-gefranzt, der vordere Theil convex; die inneren drei Bluthenhulltheile zungenformig, geoffnet, stumpf, blaB-schwefelgelb, unterhalb der Mitte auf der innern Flache mit zwei kammartigen Fortsatzen versehen, nach dem Bluhen gedreht. StaubgefaBe 6, kurzer als die inneren Bluthenhulltheile; die drei auBeren frei, den auBeren Bluthenhulltheilen gegenuber, und mit den inneren Bluthenhulltheilen gemeinschaftlich auf einem den Fruchtknoten kronenden Ring inseriert, die drei inneren sind bis zur Halfte ihrer Lange mit den inneren Bluthenhulltheilen verwachsen; Staubfaden etwas breitgedruckt, glatt, kahl und weiB; Staubbeutel zweifachrig, langlich-linienformig, blaBgelb, kurz-zugespitzt, an der Basis ausgerandet, an der Ausrandung befestigt mittelst zweier, nach innen sich offnenden Langsfurchen aufspringend. Pollenkorner elliptisch. Fruchtknoten etwas breitgedruckt-dreikantig, bis unterhalb der Spitze mit den Bluthenhulltheilen verwachsen, dreifachrig; Facher zweieiig; Eichen oval, an der Spitze mit einer Anschwellung versehen, an der zweischenkeligen Placenta, welche je unterhalb der Spitze des Fachs aus dem Centralwinkel hervortritt, durch eine lange Nabelschnur befestigt, waagerecht, umgewendet. Griffel fadenformig, rohrig, weiB, etwas kurzer als die innere Bluthenhulle, und wenig langer als die StaubgefaBe. Narbe stumpf-dreilappig, beinahe trichterformig, ungefarbt, Lappen ausgebreitet, am Rande feingefranzt."
A. strobilacea, eine hinsichtlich ihrer GroBe recht variable Pflanze, wachst bevorzugt epiphytisch und bildet groge, aus zahlreichen Einzelrosetten bestehende Busche (Abb. 1, links). Die Pflanze wird deshalb auch meist als Ampelpflanze kultiviert. Die schmal-binsenformigen Blatter sind stark sukkulent, oberseits rinnig (Abb. 17, oben), kahl, unterseits jedoch locker weiB beschuppt (Abb. 20, links) und am Rande mit kleinen, hellbraunen Stacheln versehen. Auch die im Querschnitt runden Infloreszenzschafte sind hangend und enden in einer terminalen, bis 7 cm langen, einfachen 1Ahre (Abb. 3), die durch die beiden unterhalb der Infloreszenz rosettig beisammenstehenden, ungleich langen Schaftbrakteen (Abb. 3, SBI, SBZ) in eine scheinbar laterale Stellung abgedrangt wird (Abb. 3, links). An der Basis der Infloreszenz finden sich noch einige sterile, subfoliate Brakteen. Zum Bau des Ovars sei noch bemerkt, dag KLOTZSCH (s. o.) lediglich schreibt, dag der "Fruchtknoten etwas breitgedruckt-dreikantig, bis unterhalb der Spitze mit den Bluthenhulltheilen verwachsen ist." Weiterhin bemerkt KLOTZSCH (1. c., S. 23) in dem Kapitel "Verwandschaft der Art", dag "Acanthostachys mit Hohenbergia, Billbergia, Aechmea, Bromelia und Ananassa zu der Abteilung mit u n t e r s t a n d i g e n Fruchtknoten und einer eben solchen Frucht" gehore . . . ,In den Fachern von Aechmea, Billbergia und Hohenbergia finden sich viele Eierchen, wahrend Acanthostachys nur 2 waagerechte Eierchen in jedem Fach tragt" (S. 23). Der Beschreibung von KLOTZSCH zufolge muBte Acanthostachys ein unterstandiges Ovar, jedoch ohne epigynen Tubus besitzen (s. Abb. 8, I; Abb. 12, oben links). Nach MEZ (1891) ist das "Ovarium omnius fere inferum sed apica manifeste petalorum basin superans ... ; tubo epigyno nullo". Gemag der bei MEZ (1935, Fig. 28) beigefugten Abbildung, auf welcher in Fig. E der Langsschnitt durch den Fruchtknoten dargestellt ist, ragen die Ovarfacher uber die Insertion der Petalen hinaus. Verglichen mit unserer Darstellung in Abb. 8, I und Abb. 12, oben links ist die Zeichnung von MEZ, die auch von L. B. SMITH ubernommen worden ist, aber falsch. Der geringen Oberstandigkeit des Ovars liegt lediglich eine Verdickung der Griffelbasis zugrunde 2.
Aus dem Fruchtknoten entwickelt sich eine kleine weiBe, ventral abgeflachte, vom abgetrockneten Kelch gekronte Beere (s. Abb. 13, I b; I d); these ist mit einem saponinhaltigen (nach Schmierseife schmeckendem) Schleim erfullt, in den 2-4 braune Samen eingebettet sind; am chalazalen Pol tragen these ein langes, gewundenes fadiges Anhangsel, das im Verlauf der Samenbildung durch Verlangerung des chalazalen Anhangsels der Samenanlage (Abb. 12, unten links, AP) gebildet wird und der Samenverbreitung dient. Reigt namlich das Pericarp auf, so werden die relativ schweren und groBen Samen an dem Chalazalfaden aufgehangt (siehe auch Abb. 15, unten links), der infolge seiner Klebrigkeit sich mitsamt des Samens am Substrat, beispielsweise einem Ast, festheftet (s. auch S. 20).
Diesen, im Bereich der Bromelien einmaligen Samenverbreitungsmechanismus, uber den ausfuhrlich auf S. 20 berichtet wird, fanden wir nun auch bei der zusammen mit R. KAUTSKY in Santo Domingos gefundenen Aechmea pitcairnioides MEZ (1896), was uns neben anderen Merkmalen veranlaBt hat, diese Art aus der Gattung Aechmea herauszunehmen und bei Acanthostachys einzuordnen 3.
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Z Dieser Ansicht stimmt auch L. B. SMITH zu (schriftl. Mitteilung). Vom hiesigen Institut werden derzeit Untersuchungen uber die Histogenese der Acanthostachys-Bluten durchgefuhrt, um these Ansicht zu erharten.
3 Von C. MEZ (Pflanzenreich IV/32, Bromeliaceae, 1935) wird A. pitcairnioides der Untergattung Ortgiesia (REGEL) MEZ zugeordnet, wahrend sie von L. B. SMITH in die Untergattung Pothuava (BAKER) BAKER gestellt wird: Infloreszenz einfach, gewohnlich dicht. Florale Brakteen meist nicht imbrikat; Bluten polystich, sitzend; Sepalen frei oder nahezu frei; Petalenanhangsel deutlich entwickelt.
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Die von MEZ gegebene Diagnose (s. Typus-Exemplar, Abb. 2, links) muB allerdings emendiert und in einigen Punkten erganzt werden :
Der Holotypus (Aechmea pitcairnioides MEZ = Blanchet, s. Nr. und ohne Standortsangabe) ist in Abb. 2, links abgebildet und im Herbarium Genf deponiert.
Der obigen emendierten Diagnose liegt unser in Domingos Martins gesammeltes Material (Rauh, 57 600, Nov. 81) zugrunde. Das Areal von A. pitcairnioides wurde sich nunmehr von Bahia (wo?) bis Esperito Santo erstrecken.
Eine der bemerkenswertesten vegetativen anatomischen Besonderheiten von A. pitcairnioides ist die Funktion und der Bau der Laubblatter, der vermutlich innerhalb der Bromelien durch die Abwesenheit von wasserabsorbierenden Saugschuppen einmalig ist.
Die Anatomie des Blattquerschnittes ist bei beiden Arten der Gattung recht einheitlich und sehr charakteristisch (Abb. 17 und 18) : Es handelt sich um sukkulente Rollblatter mit reduzierter schuppenloser Oberseite und einem darunter liegenden machtigen Wasserspeichergewebe (WG. Die Leitbundel (LB) sind von einer extrem ausgebildeten Sklerenchym-Scheide (Abb. 18, unten links, SK) umgeben, die zusammen mit einzelnen unterhalb der abaxialen Epidermis liegenden isolierten Sklerenchymstrangen (Abb. 18, unten rechts, SK) dem peitschenformigen Blatt eine auBerordentliche Zahigkeit und Reigfestigkeit geben. Hinzu kommen bei beiden Arten die in der Familie weit verbreiteten Interzellulargange (Abb. 17, IZ). Wahrend die adaxiale Epidermis uber dem Wassergewebe bei beiden Arten wie bereits erwahnt schuppenlos ist, zeigt die abaxiale Blattunterseite groBe Verschiedenheiten. A. strobilacea (Abb. 20, links) besitzt den normalen Bau einer Bromeliaceen-Epidermis mit auffalligen schildformigen Trichomen (TR), die oftmals die Stomata (ST) uberdecken. Die Wasserversorgung der Pflanze erfolgt wohl primar uber diese Trichome (zur Anatomie und Funktion siehe EHLER, 1977; zur Biologie der Bromelien auch BENZING, 1980). Die Blattepidermis von A. pitcairnioides dagegen ist vollig schuppenlos (Abb. 20, rechts), nur an sehr jungen Laubblattern sind noch die reduzierten Trichome (rTR) nachweisbar. Im Gegensatz zu allen anderen epiphytischen Bromeliaceen kann deshalb die Aufnahme durch Wasser nicht durch Saugschuppen erfolgen, da solche nicht vorhanden sind. A. pitcairnioides hat jedoch wie ihre nachsten Verwandten ein schlecht ausgebildetes Wurzelsystem, das vermutlich primar oder ausschlieglich als Haftapparat funktioniert. Diese Art hat nun einen neuen Mechanismus der Wasserabsorption entwickelt, der anscheinend ebenfalls einmalig innerhalb der Bromeliaceen ist. Die folgenden Beobachtungen wurden an frisch importierten Pflanzen durch Versuche mit Wasser und Vital-Farblosungen gemacht und sind schematisch in Abb. 19 dargestellt:
Nach langerer Trockenheit sind die Rollblatter von A. pitcairnioides (Abb. 19, links) stielrund und geschlossen, die Oberseite hat sich kompliziert eingefaltet (vgl. dazu auch Abb. 18, oben links). Bringt man nun einen Wassertropfen auf die Blattoberseite, wird er sofort in den rinnenformigen Kanal aufgesogen und wandert kapillar in dieser Rinne. Schon nach kurzer Zeit ist das Wasser durch cuticulare Absorption uber die adaxiale Epidermis in das Wassergewebe eingedrungen. Uberbraust man ein solches Blatt mehrfach bzw. taucht die Pflanze in Wasser, so entfalten sich die Rollblatter durch Aufpumpen des Wassergewebes (Abb. 19, rechts). Dieser Vorgang ist reversibel und an der lebenden Pflanze beliebig oft wiederholbar.
Zusammenfassend laBt sich feststellen, daB A. pitcairnioides als einzige Bromelie keine funktionellen Saugschuppen entwickelt und durch das Kapillar-System der eingerollten Blattoberseite uber direkte cuticulare Absorption durch die adaxiale Epidermis einen innerhalb der Familie einzigartigen Wasseraufnahme-Mechanismus entwickelte.
Es sollen nachfolgend noch einmal die wichtigsten Merkmale von A. pitcairnioides herausgestellt werden; ein tabellarischer Vergleich zwischen beiden Arten findet sich auf S. 21: Blattspreiten im Alter schuppenlos, mit glatter, braunlicher Epidermis, im trockenen Zustand als "Faltblatter" ausgebildet; Infloreszenzen "nistend", mit sehr kurzem Schaft, einfach, zylindrisch; Bluten mit blauen, am Grunde weiBen, ausgebreiteten bis zuruckgerollten Petalen, das unterstandige, adaxial stark abgeflachte Ovar besitzt einen kurzen kraterformigen Tubus epigynus; jedes Ovarfach enthalt normalerweise nur zwei anatrope Samenanlagen, mit langem, spiralig aufgerolltem chalazalem Anhangsel. Wie bei A. strobilacea verlangern sich these Anhangsel im Verlauf der Samenreife sehr stark und dienen nach AufreiBen des Pericarps der Verbreitung der Samen.
Diese, wie schon erwahnt, im Bereich der Bromelien einmalige Samenverbreitung, Bau und Anzahl der Samenanlagen, Morphologie der Blute, sowie Wuchsform und Anatomie der Blattspreiten haben uns veranlaBt, eine Umkombination vorzunehmen und Aechmea pitcairnioides MEZ als zweite Art bei der bislang monotypischen Gattung Acanthostachys einzuordnen.
Eine weitere Bestatigung der Annahme verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen Ac. strobilacea und Ae. pitcairnioides sehen wir in der Keimungsgeschichte und dem Bau alterer Keimpflanzen (Abb. 16) :
Auf die Kotyledonarscheide folgen zunachst 2-3 Niederblatter und darn in disticher Anordnung Laubblatter von grasartigem Habitus; sie haben eine kurze Scheide und eine flache, nicht sukkulente Spreite; bei A. pitcairnioides ist these wenig schmaler als jene von A. strobilacea; bei beiden sind die ersten Laubblatter frei von Trichomen. Wahrend nun bei A. strobilacea im Verlauf der Weiterentwicklung auf der Blattunterseite Trichome gebildet werden (Abb. 20, links), sind auch die Folgeblatter von A. pitcairnioides frei davon, bzw. es werden nur wenige, stark reduzierte und damit funktionslose Schuppen gebildet (Abb. 20, oben rechts).
Zur Keimungsgeschichte ist noch zu bemerken, daB die Samen von A. strobilacea schneller keimen und gleichaltrige Keimpflanzen beider Arten deswegen verschieden grog sind. Bemerkenswert ist weiterhin, dag bei A. pitcairnioides auffallend viele Keimpflanzen chlorosid, bzw. ganz chlorophyllfrei sind. Diese Erscheinung wurde nicht nur im Botanischen Garten Heidelberg, sondern auch in anderen Garten, an die wir Samenmaterial abgegeben haben, festgestellt.
Als Anpassung an anemochore und zoochore Verbreitungsmechanismen gibt es bei den Bromelien unterschiedlichste Frucht- und Samentypen, deren Studium leider recht unvollstandig geblieben ist. Samen mit spitz ausgezogenen Chalazal-Enden oder Flugsamen mit Haarbuscheln sind weitverbreitet (Ubersichten bei NETOLITZKY 1926 und BARTON 1967). Jedoch scheinen chalazale Anhangsel in der bei Acanthostachys vorliegenden Form nach den bisherigen Untersuchungen einmalig zu sein; vielleicht erlauben sie als einziges durchgreifendes taxonomisches Merkmal eine Umgrenzung dieser Gattung. Als erster und anscheinend als einziger hat POISSON (1877) die Samenanhangsel von Acanthostachys strobilacea gesehen und beschrieben. SZIDAT (1922) dagegen fiel these anatomische Anpassung in seiner ausfuhrlichen, aber leider recht unvollkommenen Arbeit uber die Samen der Bromeliaceen nicht auf.
Mit Verweis auf die Abb. 12 und 14 sei die Mikromorphologie der Samenanlagen und Samen von Acanthostachys nochmals genauer beschrieben. Der Unterschied zwischen beiden Arten (Appendix der Samenanlage bei Acanthostachys strobilacea gerade, bei A. pitcairnioides spiralig aufgerollt) ist dabei so gering, daB nicht gesondert darauf eingegangen wird. Im apikalen Bereich jedes Faches finden sich zwei dicht nebeneinanderstehende Samenanlagen. Die Epidermis des Funiculus besteht aus auffallig papillos-halbkugeligen, vielleicht sekretorischen Zellen. Im chalazalen Bereich ist schon bei der Anthese ein lang ausgezogenes gerades oder spiralig gerolltes vielzelliges Anhangsel ausgebildet, vermutlich entstanden aus Gewebe des augeren Integumentes (histogenetische Untersuchungen werden z. Z. durchgefuhrt; vergleiche die neuere Ubersicht uber Samen-Appendices der Angiospermen von KAPIL, BOR u. BOUMAN 1980). Nach erfolgter Befruchtung beginnt dieses Anhangsel mit der Samenreife zu wachsen und liegt schlieBlich als mehrere Zentimeter langer aufgerollter Faden im Schleim des reifen Samen vor (Abb. 14 B).
Funktionell ist these anatomische Einrichtung recht leicht zu erklaren. Die reife Frucht, eine weiBliche Beere, wird wohl ornithochor verbreitet (daruber liegen keine Beobachtungen vor, aber eine andere Verbreitungsart ist nur schwer vorstellbar). Wird die Beere zerquetscht - zum Beispiel zwischen zwei Fingern oder durch einen Vogel-Schnabel - so treten die Samen mit Teilen der klebrig-wassrigen Pulpa aus. Sie fallen jedoch nicht zu Boden, sondern bleiben an den sich ausziehenden Anhangseln am Fruchtrest hangen (Abb. 15). Vermutlich handelt es sich letztlich um eine Anpassung an Epi-Ornithochorie : die Frucht wird zwar gefressen, aber die Samen verwickeln sich mit ihren Anhangseln im Gefieder oder an den Beinen des Vogels und kleben dort zum Transport mit ihrer Schleimhulle fest. Allgemein ist zu sagen, dag Ornithochorie neben der Verbreitung durch staubformige Diasporen (Farne, Orchideen) geradezu ein Charakteristikum der Epiphyten ist (vgl. Ubersicht bei MADISON 1977).
Zusammenfassend seien noch einmal die Gemeinsamkeiten, resp. Unterschiede zwischen A. strobilacea und A. pitcairnioides tabellarisch zusammengestellt :
A. strobilacea A. pitcairnioides (Rauh 57 600)
S a m e n mit brauner Testa, 2 mm lang mit brauner Testa, 3 mm lang
Wuchsform aufrechte, im Alter hangende, 1(-2) m aufrechte, 60-100 cm hohe
groBe Busche bildend (Abb. 1) Busche bildend, mit aufrechten,
im Alter ubergebogenen
Blattspreiten (Abb. 2)
Rosetten aus wenigen Blattern gebildet, diese wie A. strobilacea
einem kurzem Stamm ansitzend, die
basalen Rosettenblatter niederblattartig
Blatter :
a. S c h e i d e n klein, 3 mm lang, schmal-elliptisch, groB, 3-8 cm lang, 1-1,2 cm
ganzrandig, dunkel-kastanienbraun breit,mit hautigem, glattem
Rand, hellbraunlich, an der
weiBlichen Basis rot gestreift
b. Spreiten bis 1 m lang und langer, schmal- 80-100 cm lang, binsenformig,
lineal, lang zugespitzt, bis 12 mm lang zugespitzt, sukkulent, mit
breit, sukkulent, mit kahler, canicula- reduzierter, eingefalteter
ter Ober- u. stark gewolbter, gruner, Oberseite (Abb. 19);
weiBbeschuppter. Unterseite, am Unterseite kahl, oliv-braun,
Rand locker, klein gezahnt glanzend, in der basalen Halfte
mit derben, 2 mm langen,
ruckwarts gerichteten, braunen
Zahnen
Inflores- bis 1 m lang, rund, weig beschuppt, sehr kurz, nur 1-2 cm lang, dunn,
zenzschaft an der Spitze unterhalb der Inflores- weiB, mit 2 subfoliaten, aufrechten,
zenz mit zwei subfoliaten, ungleich- ungleichgroBen Schaftblattern; diese
groBen, abstehenden Schaftblattern mit langer brauner, unterseits stark
(Abb. 3, SB 1, SB 2) genervter, in der oberen Halfte ge
zahnter Spreite (Abb.5; Abb. 6,
links, SB 1, SB 2)
Inflores- einfach, dicht, ovoid bis zylindrisch, einfach, zylindrisch, zugespitzt, bis
zenz an der Basis mit 2-4 sterilen, subfolia- 7 cm lang, 1,5 cm dick, an der Basis
ten Brakteen (Abb. 6, rechts, SF) mit 2-3, lang 3-eckigen, in eine schar
fe Spitze auslaufenden, bis 4 cm lan
gen,fruh braun abtrocknenden, un
terseits stark genervten, am Rand flu
gelartig gezahnten Brakteen (Abb. 6,
links SF; Abb. 7, II)
f 1 o r a 1 e breit-oval mit kahler, am Rand glatter lanzettlich, bis 3,5 cm lang, 1,8 cm
Brakteen Scheide und 1 cm langer, eingefalte- breit, die Sepalen uberragend, am
ter, am Rand gezahnter in eine Grund weiBhautig-dunn, sonst derb
Stachelspitze auslaufender Spreite kastanienbraun, an der Spitze blattar
(Abb. 3; Abb. 6, rechts); diese leuch- tig verbreitert (Abb. 6, links; Abb. 7,
tend orange oder rot, im Alter kasta- IIa-IIb), unterseits stark genervt und
nienfarbig, unterseits genervt, an- sternhaarig-lepidot, am Rand derb
fangs im apikalen Abschnitt lepidot, gezahnt, z. Z. der Anthese aufrecht z.
spater verkahlend, die Sepalen uber- Fruchtzeit abstehend und loffelfor-
ragend mig vertieft (Abb. 6, links)
Sepalen frei, schmal-3-eckig, zugespitzt, frei, zugespitzt, die hinteren scharf
8-11 mm lang, die seitlichen scharf carinat, in ein kurzes Stachelspitz-
carinat, hellgelb, zerstreut lepidot chen auslaufend, schmal-3-eckig,
bis 24 mm lang, weiBlich, braun
lepidot (Abb. 7, IIc, S)
Petalen aufrecht, frei, 16 mm lang, mit 2, Petalen an den leuchtend blauen Spit-
hoch inserierten Ligulae (Abb. 9, I, zen zuruckgebogen, bis zuruckge-
L) rollt, sonst weiB (Abb. 7, IIa, IIc), bis
33 mm lang, mit 1,6 cm langen, den
Petalen angewachsenen Falten, die in
2 Ligulae enden (Abb. 9, IIa-b, L)
Staub- eingeschlossen; Filamente des inne- auf 1,6 mm mit den Petalen verwach-
blatter ren Kreises hoch hinauf mit den Peta- sen, ca. 2 mm frei ; Antheren 3 mm
len verwachsen (Abb. 9, I) lang, weiB (Abb. 9, IIa-b)
pollen- biporat (Abb. 11, links) biporat (Abb. 11, rechts) korner
Ovarium suborbiculat, unterstandig, durch die suborbiculat, unterstandig, mit kur-
basale Verdickung der Griffelbasis zem, epigynem Tubus, dadurch an
der Spitze kuppelformig aufgewolbt der Spitze eingetieft (Abb. S, II),
(Abb. 8, I; Abb. 12, oben links), ada- 1 cm hoch, 1 cm breit, adaxial abge-
xial stark abgeflacht, weiB flacht, am Rande scharf gekielt,
braunlich behaart (Abb. 13, IIc)
Fruchte adaxial abgeflachte, 1 cm hohe, 9 mm adaxial abgeflachte, bis 1,5 cm
breite, 1,5 cm dicke, gekielte, vom breite, 1,5 cm dicke, 2 cm hohe,
abgetrockneten Kelch gekronte, wei- gekielte,weiBe, vom abgetrockneten
Be Beeren (Abb. 13, Id) Kelch gekronte Beeren (Abb. 14, C)
Samen- pro Ovarfach 2, mit verlangertem, pro Ovarfach 2, mit langem, spiralig
anlagen gebogenem chalazialem Anhangsel aufgerolltem, chalazialem Anhangsel
(Abb. 12, links unten) (Abb. 12, rechts)
Samen chalaziales Anhangsel sich bei der chalaziales Anhangsel sich bei der
Fruchtreife stark verlangernd Fruchtreife stark fadig verlangernd
(Abb. 14, B, D)
Frucht- widerlich riechend und nach Seife widerlich riechend und nach
schleim schmeckend Seife schmeckend
Aufgrund der Untersuchungen an Acanthostachys strobilacea (SCHULT. f.) KLOTZSCH und der Zuordnung von Aechmea pitcairnioides MEZ zu ersterer Gattung mug die Gattungsdiagnose emendiert bzw. amplifiziert werden: Acanthostachys KLOTZSCH in H. F. LINK, F. KLOTZSCH u. F. OTTO in Icon. Plant. rar. Hort. Reg. Bot. Berolin. Vol. I, p. 21-23 u. Taf. 9, Berlin 1841; emend. W. RAUH u. W. BARTHLOTT (1982):
Pf1anzen terrestrisch oder epiphytisch wachsend, aufrecht oder hangend, von der Basis her verzweigte Busche bildend. Rosettenblatter wenig zahlreich, einem kurzen Rhizom entspringend, mit kleiner, schwach abgesetzter oder deutlich ausgebildeter Scheide . Spreite binsenformig, sukkulent, lang zugespitzt, 40-100 cm lang, am Rande, besonders in der basalen Halfte, schwach oder derb bestachelt; Spreitenoberseite kahl, reduziert, canaliculat; Unterseite konvex, stark entwickelt, lepidot oder kahl. Inf1oreszenzschaft auffallend verlangert oder kurz, rund. Schaftb1atter 2, subfoliat, unterhalb der einfachen, ahrig-walzlichen Infloreszenz inseriert. Florale Brakteen derb, am Rande bestachelt, langer als die dicht spiralig angeordneten gelben oder blauen Bluten. Sepalen fast symmetrisch, frei, lanzettlich-zugespitzt. Peta1en aufrecht, gelb oder die obere Halfte ausgebreitet bis zuruckgerollt, dann blau, frei, mit 2 Ligulae. Filamente des inneren Staubblattkreises hoch hinauf mit den Petalen verwachsen. Po1lenkorner ellipsoid, biporat, mit reticulater Exine. Ovarium unterstandig oder durch die verdickte Griffelbasis scheinbar leicht oberstandig, adaxial abgeflacht. Locu1i meist mit nur 2 anatropen Samenanlagen; these mit langen geraden oder spiralig aufgerollten chalazialen Anhangseln. Frucht eine weiBliche, schleimige, vom abgetrockneten Kelch gekronte Beere mit wenigen braunen Samen; diese mit stark verlangertem, fadenformigem Anhangsel.
P1antae terrestres vel epiphyticae fasciculos erectos vel pendulos formantes ; fo1ia rosu1ae parum numerosa, e rhizomate brevi orientia vagina indistincta vel distincta; lamina junciformis longe acuminata, margine solide aculeata; supra valde canaliculata et reducta, subtus valde evoluta, lepidota vel glabra; scapus inflorescentiae valde elongatus vel brevis, phylla scapi dua, subfoliata, infra inf1orescentiam simplici-spicato-cylindricam. Bracteae f1ora1es solidae margine aculeatae, longiores quam f1ores lutei vel coerulei dense spiraliter dispositi. Sepala subsymrnetrica, libera, acuminata; petala in dimidio superiore erecta vel expansa vel revoluta, libera, ligulis duabus. Fi1amenta circuli antherarum interiorum petalis alte adnata. Grana pollinis ellipsoidea, biporata, exinea reticulata. Ovarium inferum vel propter basin styli incrassatam ficte modice superum, adaxiali-applanatum. Loculi plerumque ovulis duobus; ovula in chalaza appendice recta vel spirali. Fructus bacca albida mucosa seminibus paucis, semina appendicibus filiformibus pluribus centimetris longis.
Der Acanthostachys-Schlussel muB jetzt lauten:
1. Blattscheiden klein; Spreiten unterseits lepidot; Infloreszenzschaft sehr lang, mit zwei ungleich langen, subfoliaten Schaftblattern unterhalb der Infloreszenz; Bluten gelb; Petalen aufrecht .............. A. strobilacea - Blattscheiden groB; Spreiten unterseits kahl; Infloreszenzschaft kurz; Infloreszenz deshalb nistend; Schaftblatter weniger auffallig; Bluten blau, mit weiBem Auge; Petalen flach ausgebreitet bis zuruckgerollt .......... A. pitcairnioides Die Einordnung von A. pitcairnioides in den Bromelioideen-Schlussel von L. B. SMITH (Flora Neotropica, 14, S. 1494, 1979) ist verhaltnismaBig einfach:
1- Flowers in dense spikes .................................................. 20 20. Scape short or none, inflorescence nidular or axillary ........................... 21 21. ....................................................................
21-. Sepals free or short connate, unarmed, attenuate or short mucronate ................ 22 22. ....................................................................
22-. Petal-blades obtuse, erect to spreading or recurved ; flowers sessile to short
pedicillate . 23 23. ....................................................................
23-. Filaments not forming a tube ............................................. 24 24. ....................................................................
24-. Sepals acute to attenuate, pungent to mucronate ............................... 25 25. Petals connate, naked; inflorescences axillary in large leaves; pollen entire. Mexico
to Chile ......................................................... Greigia 25-. Petals free, appendaged; inflorescences terminal ............................... 26 26. Inflorescence short, obtuse, capitate-subracemose; pollen sulcate; ovules numerous,
unappendaged.Chile ......................................... Ochagavia 26-. Inflorescence narrow-cylindric; pollen biporate; ovules mostly 2, long appendaged.
Brasil ................................................... Acanthostachys —See Rauh & Barthlott 1982